Stefan Blankertz
Widerstand
Aus den Akten
Pinker vs. Anarchy
Schriftenreihe des Murray Rothbard Institut für Ideologiekritik in der edition g. 109
Freispruch für den »Leviathan«? Der Prozess Pinker versus Anarchy ist eröffnet. Nach der Anklageschrift liegt nun die Verteidigung vor. Die Verteidigungsschrift ist bemüht, die Erwiderung so zu formulieren, dass sie auch für all jene, die Pinkers Buch nicht gelesen haben, verständlich und gewinnbringend ist, doch ebenso wenig die, welche es kennen, mit ausufernden Paraphrasen traktiert. Gegliedert ist die Verteidigungsschrift in acht Akten.
- Das Parfüm der Gewalt. Eingeleitet wird die Erwiderung mit einer Analyse von Pinkers Rhetorik in seinen Aussagen zur angeblich in prähistorischen Zeiten dominierenden Gewalt, der gegenüber die späteren Kriege des Leviathans geradezu harmlos seien.
- Widerstand. Wenn Adolf Hitler ein »Einzeltäter« war, wie Pinker behauptet, was sagt uns das über das Wesen des Staats und des Gifts von Gehorsam, das er verspritzt?
- Der Leviathan-Effekt. In der Akte 3 geht es um das angeblich hohe Gewaltniveau in anarchischen Gesellschaften und den angeblich gewaltreduzierenden Effekt des Leviathans.
- Ubuntu. Die Akte 4 liefert, was bei Pinker nirgendwo in seinen 1000 Seiten zu finden ist: Eine Beschreibung der Funktionsweise und des Rechts in der Ur-Anarchie.
- Staatsentstehung. Nachdem in Akte 4 Funktionsweise und Recht in der Ur-Anarchie geklärt wurden, geht es in der Akte 5 um die Frage, wie der Staat entstanden ist.
- Verdinglichung. In der Akte 6 geht um Pinkers berühmt-berüchtigte Liste der 21 schlimmsten Dinge, die Menschen einander angetan haben. Beweist sie eine Abnahme der Gewalt? Beweist sie die Überlegenheit des Leviathans über die Anarchie?
- Zum ewigen Krieg. Der Prozess der Zivilisierung, wird er durch den Leviathan angetrieben? Oder wirkt der Leviathan ihm entgegen? Eine genaue Analyse von Steven Pinkers Aussagen fördert Erstaunliches zu Tage.
- Eine neue Anarchie. Anarchie steht für Frieden, Recht und Freiheit gegen den Leviathan. Was übernimmt die post-staatliche neue Anarchie aus der prä-staatlichen Ur-Anarchie und wie behebt jene die Mängel dieser?
»Pinker geht, grob gezeichnet, davon aus, dass ein Dorf mit achthundert Einwohnern, in welchem eine verwirrte oder verzweifelte Mutter ihr Kind tötet, doppelt so gewalttätig sei wie ein Staat mit achtzig Millionen Einwohnern, der 50.000 politische Gegner oder religiöse Abweichler liquidiert.«
»Wenn Hitler, wie Pinker behauptet, 1. ein Einzeltäter war und 2. offensichtlich ein Unrecht beging, das Millionen von Menschen im eigenen Land sowie in weiteren Ländern tötete oder auf andre Weise schädigte, zu welchem Zeitpunkt wäre Widerstand gegen den von ihm geführten Staat legitim und keine Gewalt gewesen? Verallgemeinert führt diese Frage zu dem, was ich das Pinker-Paradox nennen möchte: Wenn es keinen Widerstand gegen den Staat geben darf, ¿wie sonst wird der Staat weniger gewalttätig?«
»Das a-historische Bild der Mafiosi, das Pinker für die ersten Staatsherrn gebraucht, ist verräterisch. Wer würde je behaupten, dass die Mafia denen, denen sie Schutzgeld abpresst, als Gegenleistung tatsächlich Sicherheit bietet? Wer würde denn je behaupten, dass die, von denen eine Mafia Schutzgeld erpresst, kein Recht auf Widerstand hätten? Dass sie, mehr noch, in die ›Barbarei‹ und ›Anarchie‹ des Kriegs Aller gegen Alle zurückfielen, wenn sie das Joch ihrer Peiniger abzuschütteln vermögen? In Pinkers Statistiken würde solch ein Widerstand aber nichts anderes markieren als einen ›Anstieg des Gewaltniveaus‹.«
»Ob im Busch von Neuguinea oder in der Savanne von Kalahari ein, zwei, drei Menschen den Tod durch Menschenhand finden, oder ob im zweiten Weltkrieg Millionen von Menschen auf den Schlachtfeldern bleiben, in Gaskammern umkommen und unter Maos Regime verhungern, das wird durch Pinkers Verfahren einer Hochrechnung anscheinend vergleichbar. Und es sieht gut aus für die Schlächter des zwanzigsten Jahrhunderts. Sie sind exkulpiert, denn an die nach solch einem Verfahren fiktiv produzierten vor-geschichtlichen und prä-staatlichen »Mordraten« reichen sie nicht heran. Kain erschlägt Abel und schon sind fünfzig Prozent der Menschheit ausgerottet. Soll erstmal ein Dschingis Khan, ein Hitler oder ein Pol Pot kommen, der das Kain nachmacht.«
»Pinkers Hochrechnung etwa der Opfer von An Lushan in China auf die Weltbevölkerung Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts macht die Voraussetzung, dass 429 Mio Menschen dem Aufstand zum Opfer gefallen wären, hätte die Weltbevölkerung im Jahr 763 zweieinhalb Milliarden betragen. Oder, dass der zweite Weltkrieg, hätte er 763 stattgefunden, nur 4,5 Mio Opfer verlangt hätte. Da ein dem An-Lushan-Aufstand ›ähnliches‹ Ereignis im zwanzigsten Jahrhundert nicht die Opferquote von An Lushan erreicht habe, sei dies einer Abnahme des Gewaltniveaus zuzuschreiben.«
Im Gespräch mit Tom Woods über das Buch (englisch). Hier anhören.
188 Seiten, [D] 14,80 €
ISBN 978-3-7412-2694-6