Stefan Blankertz

… mit Verziehungsauftrag

Werkbuch kritische Schulpolitik


Schriftenreihe des Murray Rothbard Institut für Ideologiekritik in der edition g. 119


Die öffentlich finanzierte, verbindliche Schule und deren Abschlüsse sichert das soziale Gleichgewicht, stattet die Nachwachsende Generation mit dem für das Leben und den Beruf notwendigen Wissen aus und sorgt für die Weitergabe der die Gesellschaft zusammenhaltenden Werte. Diese Behauptungen sind so tief im herrschenden Diskurs verankert, dass sie kaum mehr in Frage gestellt werden. Im vorliegenden Band bringt Stefan Blankertz die Schulkritik auf den neuesten Stand und zeigt, dass nach wie vor gilt: Die Schule löst keins ihrer Versprechen ein. Sie benachteiligt die Armen, sie ist ein Instrument der Planmisswirtschaft und sie wirkt aufgrund ihres heimlichen Lehrplans zerstörerisch auf die sozialen Werte, egal was die Unterrichtsinhalte besagen. Er zeigt auch die historischen und aktuellen Alternativen aus und zeigt mit einer neuen Lektüre des »Emile« von Jean-Jacques Rousseau die erzieherische Weisheit dieses Entdeckers der Kindheit und Begründers der neuzeitlichen Pädagogik.

»Die Schule ist eins der wichtigsten Felder, auf dem die Herrschaft überwunden werden muss und überwunden werden kann, aber nicht, indem die Opposition versucht, auf die Inhalte Zugriff zu erhalten, sondern indem sie die Struktur des Zwangscharakters der Staatsschule selber zum Ausgangs- und Angriffspunkt nimmt. Es ist Ziel dieses Buches, hierzu anzuregen.«

»Zu behaupten, nur ausgedehnter Schulbesuch mache lebensfähig, schließt alle jene von vornherein aus, die in der Schule versagen.«

»Jede negative Erfahrung der Schüler, die gegen ihren Willen zur Schule gehen müssen, mündet in die Demütigung, ohnmächtig ausgeliefert zu sein und trotz innerer Ablehnung sich in das System fügen zu müssen. Andererseits lässt sich eben auch empirisch zeigen, dass Schulsysteme, je stärker sie diversifiziert und privatisiert werden, für die Armen um so nützlicher sind und um so bessere Chancen bereitstellen.«

»Die Rebellen kriegten nach und nach Einfluss auf den Lehrplan, ja teilweise sogar auf die Methoden, die in der Schule an­gewandt wurden. Über diesen Erfolg freuten sie sich dermaßen, dass sie jede Kritik an der Form der staatlichen Pflichtschule vergaßen, sich vielmehr ihrer nun bedienten, damit alle Kinder in den Genuss der von ihnen geplanten Erziehung kommen.«

»Die Struktur der staatlichen Pflichtschule entfaltet seine Wirkung nicht vor allem über die in ihr vermittelten Inhalte, vielmehr über ihre Form. Es geht darum, dass die Kinder von Anfang an lernen, nicht sich selber, sondern dem Staat zu gehören.«

»Der Widerspruch zwischen Herrschaft und Bildung, zwischen Zwang und Emanzipa­tion bereits auf der rein logischen Ebene kann von den heutigen Linken gar nicht mehr gedacht werden. Ihn auch nur anzusprechen, macht einen bereits zu einem ›Rechten‹.«

»Soweit Bildung für das berufliche Fortkommen oder für das individuelle Wohlergehen und die eigene geistige Entwicklung als vorteilhaft angesehen werden, bedarf es keiner Schulpflicht. Nur wenn der Staat mehr und anderes will, als das, was dem Einzelnen zu Nutz und Frommen ist, muss er Gewalt androhen.«

»Der Sinn des Berechtigungswesens unter dem Aspekt der Planwirtschaft ist es, dass der Staat den Zugang zu bestimmten Berufen kontrolliert.«

»Den Armen gaukelt man mit sogenannter Bildungswerbung vor, dass ihre Chancen um so größer würden, je höher ihre schulisch erworbene Qualifikation sei. Dies ist eine böse Illusion. Denn je mehr Kinder das Niveau einer gewissen schulischen Qualifikation erreichen, um so wertloser wird sie, d.h. um so weniger hilft sie auf dem Arbeitsmarkt. Dies führt im Berechtigungswesen zu ­einer Spirale, auf der man nach immer höheren Berechtigungen jagt. Und eben auch dazu, dass sich der Besuch von Schule und Hochschule lang und länger hinzieht. Je weniger diese Form des Lernens für bestimmte Kinder und Jugendliche geeignet ist, um so mehr schädigt es sie, falls ihr Verbleib in der Schule ausgedehnt wird.«

»Wie würde ein freier Bildungsmarkt den Armen nützen, wenn sie künftig über das Geld selber verfügen könnten, das man ihnen heute zur Finanzierung des öffentlichen Schulsystems mit Staatsgewalt abknöpft? Da niemand ein Angebot nutzt, das ihm (oder in diesem Fall: seinen Kindern) schadet, werden alle solche Schulen und (Aus-) Bildungseinrichtungen vom Markt verschwinden, in welchen die Kunden resp. die Kinder aussortiert werden oder in denen man ­ihnen beibringt, sie wären Versager.«

»Bildung wurde von den unteren Schichten selber finanziert und oft selber organisiert. Die Verstaatlichung nahm diesen Schichten die Selbstbestimmung ihrer Bildung, entlastete sie jedoch nicht von den ­Kosten. Die Kosten wurden und werden via all derer beglichen, die Steuern zahlen. Mit ihren Steuern finanzieren die unteren Schichten schließlich nicht nur die eigene Ausbildung, vielmehr obendrein die von denen, die Bildungs­institutionen länger in  Anspruch nehmen als sie.«

»Beide Ansätze, die Erblichkeits- ebenso wie die Umwelttheorie, wenden sich gegens kreative und eigenverantwortliche Individuum. Sie versuchen, das Verhalten, die Fähigkeiten, die Intelligenz des Individuums aus einem Faktor zu erklären, der nicht in seiner Verfügungsgewalt liege – einem Faktor, welchen es nicht beeinflussen und nicht verändern könne; ob dieser Faktor als ›Umwelt‹ oder als ›Erbe‹ bezeichnet wird, das ist letztlich einerlei und kommt auch auf das gleiche raus. Damit ist das Individuum nicht verantwortlich für sich und hat keinen Spielraum für seine Kreativität. Es wird gesehen als gebunden an die Wirkungen, die die Umwelt auf es ausübe, oder an das, was im Erbgut verankert sei.«

»Der Einfluss der Gene auf die Entwicklung von Individuen wird um so größer, je gleicher die Umweltbedingungen sind. Das heißt, die linke Strategie, gleiche Umweltbedingungen für die Kinder zu schaffen, führt zu einem stetigem Größerwerden des genetischen Einflusses, zu ­einer Verstärkung des durch das Individuum nicht zu beeinflussenden Faktors seiner Erb­anlagen. Die Strategie steigert die Ungleichheit, senkt sie nicht; sie ist letztendlich die Verwirk­lichung des erzkonservativen Ideals einer rein durch Erbe bestimmten Gesellschaft.«

»Die herrschenden schulpolitischen Programme gehen von der problematischen Annahme aus, die Gesellschaft werde um so ›gleicher‹ (und damit ›gerechter ‹), je « gleicher » man die Umweltbedingungen für alle Individuen gestaltet. Nach der Hypothese von Paul Goodman müsste die Schlussfolgerung für die Schulpolitik genau anders­herum lauten: Die sozialen Bedingungen sollten sich weiter differenzieren, um für jeden ›Typus‹ (sei er genetisch, sozial, oder kulturell bedingt) die für ihn beste Möglichkeit zur Entwicklung bereit zu halten. Ob das Ergebnis einer solchen Entwicklung dann ›Gleichheit‹ ist, kann man nicht wissen. Es ist auch egal: Das Ergebnis ist gerecht von daher, als jedes Individuum sich so gut entfalten kann, wie es seine genetischen und kulturellen Möglichkeiten erlauben. Die Frage der Gleichheit wird ebenso irrelevant wie auch die Frage, zu welchen Anteilen die individuellen Möglichkeiten genetisch oder kulturell definiert werden.«

»Die freiwillige Finanzierung der pädagogischen Arbeit, so wird eingewandt, mache die in diesem Bereich Tätigen abhängig von den Launen der jeweiligen Geldgeber (Eltern, ›Wirtschaft‹ etc.); gefährde mithin ihre Autonomie. Hinter diesem Einwand versteckt sich eine unausgesprochene und, vorsichtig gesagt, merkwürdige Annahme über die staatliche Finanzierung, nämlich die Annahme, eine Finanzierung per Zwang mache jemanden autonom von der Ökonomie. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Eine Finanzierung durch die sogenannte öffentliche Hand macht von dieser abhängig, von den Prozeduren der Bürokratie, von den Launen der Politik. Von der öffentlichen Hand abhängig zu sein, wiegt durchaus schwerer als die Abhängigkeit von ­diversen einzelnen Geldgebern, denn die öffentliche Hand schafft ein Nachfragemonopol und setzt zugleich die universellen Regeln, nach denen zu verfahren ist.«

»Warum sind es die Ausgebildeten, die im Schnitt Besserverdienenden, zum Teil die Spitzenverdiener, die mächtigen Politiker der Welt, die Obamas und die Clintons, die den Sozialstaat so erbittert verteidigen, die ihn aufgebaut haben und die ihn ausbauen? Sind die Mächtigen und Reichen dieser Welt ehrlich und altruistisch besorgt um das Wohl­ergehen der Armen, sorgen sie sich um ›soziale Gerechtigkeit‹ und ›sozialen Ausgleich‹? Wenn etwas dran sein sollte an der Erkenntnis, dass es das gesellschaftliche Sein sei, das zumeist das Bewusstsein bestimme, sind hier Zweifel angebracht.«

»Alles ist möglich, solange es nur freiwillig ist. Der Fantasie sei freier Lauf gelassen. Niemand wählt ein Angebot, von dem er meint, dass es ihm schadet. Einer Sache allerdings können wir uns absolut sicher sein: Bildungsangebote, die « versprechen », die Schüler zu demütigen, zu drangsalieren, auszuselektieren, ihnen nichts beizubringen, ihre Zeit zu vergeuden oder sie auf eine andere Weise zu schädigen, wie es die Staatsschule vielfach tut, die werden vom Markt gefegt. Denn der Markt toleriert alles, außer schlechte, schadhafte, schädliche oder verkehrt etikettierte Ware.«

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Leseprobe


204 Seiten,  € 14,80 [D]

ISBN 978-3-7526-7330-2